Sind diese Parkplätze wirklich behindertengerecht?
Trierischer Volksfreund - Test mit dem Rollstuhl in Zerf
Zerf/Trier · Behindertenbeauftragte haben umstrittene Parkplätze für Menschen mit Handicap im Zerfer Zentrum selbst ausprobiert. Das Ergebnis: ungenügend. Die Lösung: ein Kompromiss.
Mit aller Kraft wuchtet Christoph Emmerling seinen Körper aus dem Fahrersitz seines Wagens. Er hebt ihn Richtung Rollstuhl, den er bei geöffneter Fahrertür gleich neben sich gestellt hat. „Da könnte der Rollstuhl schon wegrutschen“, kommentiert er. Der Grund: Das Gefährt steht auf einer losen Schotterschicht. Doch Emmerling hat Glück, der Stuhl bleibt halbwegs stehen. Er schafft es, sich umzusetzen.
Dann die nächste Herausforderung: Wenden und losfahren. Das Wenden, bei dem er sich mit der Hand etwas vom Auto abstößt, gehe beschwerlich, sagt der ehrenamtliche Behindertenbeauftragte des Landkreises Trier-Saarburg. Beim Losfahren drehen die Reifen auf der Schotterschicht teils durch. Sein Fazit: Der Untergrund ist nicht geeignet für Rollstuhlfahrer. Auch sein Kollege von der Verbandsgemeinde (VG) Saarburg-Kell, Wilfried Hoffmann, sieht den Belag kritisch. Er ist mit einer Beinprothese unterwegs und gibt zu bedenken: „Beim Aussteigen könnte ich auch wegrutschen.“
Das Problem: Die beiden Behindertenbeauftragten haben nicht irgendeinen Waldparkplatz getestet, sondern die beiden Behindertenplätze auf dem Parkplatz an Zerfs Marktplatz. Und die sollten für Menschen mit Beinhandicap eigentlich barrierefrei sein. Sind sie aber nicht. Es besteht also Änderungsbedarf – bereits zum zweiten Mal.
Falscher Boden auf Behindertenparkplätzen in Zerf wurde bereits im Winter kritisiert
Beim ersten Mal waren die beiden Plätze in die Schlagzeilen geraten, weil sie im vergangenen Winter, in dem es viel geregnet hatte, matschig waren. Ein Leser hatte sich mit diesem Hinweis an den Volksfreund gewandt. Der Mann, selbst nicht von einer Behinderung betroffen, bedauerte, dass „man in Deutschland nicht sensibel genug“ sei, um angemessene Behindertenparkplätze zu errichten.
Der Untergrund bestand aus Schotterrasen, einer Mischung aus Schotter, Sand und Oberboden, auf der Rasen ausgesät wurde. Doch der Rasen war nicht angegangen, weil es erst zu trocken, dann zu nass war; der Boden hatte sich schließlich nach oben gedrückt. Schon damals hatte Emmerling gefordert, die Behindertenparkplätze zu pflastern. Er berief sich dabei – genauso wie bei seiner Beteiligung vor dem Bau der Parkplätze – auf eine Din-Norm für Behindertenparkplätze. Die schreibt vor, dass der Untergrund fest, rutschhemmend und eben sein soll.
Die Gemeinde reagierte auf die matschigen Parkplätze. Sie besserte in Absprache mit der Bauabteilung der Verbandsgemeindeverwaltung und dem zuständigen Planungsbüro nach und trug Split, vermischt mit Zement, auf. Eine wassergebundene Schicht sollte so entstehen – fest und doch durchlässig.
Pflaster gewünscht – Split mit Zement bekommen
Das entsprach nicht dem vom Behindertenbeauftragten geforderten Pflaster, klar. Dennoch wurde Christoph Emmerling unsicher. Eine Oberfläche, die befestigt und zugleich locker ist? Deshalb beschloss er, die Parkplätze zusammen mit seinem Kollegen von der VG zu testen. Am Testtag war es trocken und der Schotter – im Gegensatz zu einigen feuchten Stellen – locker. Der Untergrund fiel deshalb durch (siehe oben).
Doch warum hatte die Gemeinde nicht von Anfang an zumindest die Behindertenparkplätze gepflastert? Sie hätte das gerne getan, erklärte Rainer Hansen. Doch dann hätte sie gegen die Förderauflagen verstoßen. Denn der Parkplatz mit seinen etwa 16 Stellplätzen war zusammen mit dem neu gestalteten Marktplatz entstanden. Das Projekt am Großbach hat rund 900.000 Euro gekostet.
Fördermittel hat die Gemeinde unter anderem von der Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) Nord erhalten. Sie hatte das Geld im Rahmen der Aktion blau plus zugeschossen, mit deren Hilfe Gewässer naturnah gestaltet werden sollen. Die Auflage lautete deshalb: Der gesamte Parkplatz muss unbefestigt bleiben. Daran hat sich die Ortsgemeinde, die bei Planung und Umsetzung des Projekts von der Verbandsgemeindeverwaltung und einem Planungsbüro unterstützt wurde, gehalten. Allerdings widersprachen diese Vorgaben den Regeln für Behindertenparkplätze.
Parkplätze in Zerf verbessern: Das sind die Vorschläge vom Behindertenbeauftragten des Landkreises
Als Lösung schlug Emmerling beim Ortstermin einen Kompromiss vor. Demnach soll die Gemeinde nur eine ein Meter breite Fläche zwischen den beiden Behindertenparkplätzen pflastern. Je nachdem, wo der behinderte Mensch dann aussteigt, muss das Auto vorwärts oder rückwärts einparken.
Emmerling bat außerdem darum, die beiden Behindertenparkplätze von den übrigen Stellflächen deutlich abzugrenzen, damit keine Autofahrer ohne Handicap – wie beim Ortstermin – auf den reservierten Flächen parken. Der Ortsbürgermeister, der die Lösung begrüßte, schlug außerdem vor, die Behindertenparkplätze mit den Stellflächen gegenüber zu tauschen, da sich dort nebenan eine asphaltierte Einfahrt befindet, sodass bei einer Parkfläche der Untergrund dann beidseitig befestigt wäre.
Was jetzt noch aussteht, ist die Zustimmung des Fördermittelgebers, der SGD Nord, für die fünf Quadratmeter gepflasterte Fläche.