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Wahl 21

Interview mit Günther Schartz zur Landratswahl

Was ist Ihre Motivation im Amt zu bleiben?

Es ist eine große Freude aus einem solchen Amt heraus gestalten zu können. Jeden Tag kommen neue Erfahrungen, Themen und natürlich auch Herausforderungen hinzu. Man kann in diesem Amt viel bewegen, aber nur wenn man etwas von Verwaltung versteht, Mut zur Entscheidung mitbringt und zugleich mit Menschen umgehen kann. Ich mache meine Arbeit mit Leidenschaft, Fleiß und Begeisterung.
Es reicht nicht nur am eigenen Schreibtisch zu sitzen. Kommunales Hauptamt ist mit dem „Blick über den Tellerrand“ verbunden, denn die Bürger erwarten mehr als nur das Verwalten ihrer Anliegen. Ich stehe für eine gute Mischung von Erfahrung und dem Willen Neues in meiner dritten Amtsperiode anzupacken.

Was wollen Sie in den nächsten Jahren verändern, wenn Sie Landrat bleiben?

Klimaschutz steht vorne: Dabei wird der Ausbau von Windkraft und PV-Anlagen eine große Rolle spielen, wobei die landschaftliche Eigenart zu wahren ist. Der Flächenverbrauch in der Landwirtschaft ist zu minimieren, denn Land und Landwirtschaft dienen zuerst der Nahrungsmittelproduktion. Die Ortsentwicklung und das Bauen müssen stärker am Klimaschutz orientiert werden, was auch die jüngste Hochwasserkatastrophe gezeigt hat. Dazu wird das Klimaschutzmanagement der Kreisverwaltung wichtige Impulse setzen.

Die Digitalisierung und wohnortnahes Arbeiten sind riesige Chancen für unsere Orte. Mit demnächst 4 Co-Working-Spaces stehen für die gesamte Bevölkerung und die Wirtschaft dezentrale Arbeitsplätze zur Verfügung. Gleichzeitig ist das ein Weg für eine „digitale Dorferneuerung“, der in Rheinland-Pfalz einzigartig ist.

Die Digitalisierung der Verwaltung steht ganz oben. Wegen der rechtlichen Vorgaben ist das zwar schwer, aber der digitale Bürgerdienste sind zwingend. Der Landkreis hat sehr früh mit dem Bürgerbüro eine „Front-Back-Office-Struktur“ eingeführt. Bei der Einführung der Behördennummer 115 waren wir gemeinsam mit der Stadt Trier zusammen bundesweit vorne. Das hat z.B. in der Corona-Pandemie den Bürgerservice umfassend gesichert.

Im ÖPNV sind Rufbusverkehre aufzubauen und die digitalen Systeme für den ÖPNV besser nutzbar zu machen. Dazu läuft auch ein Projektantrag des Verkehrsverbundes Region Trier beim Bund. Mit der Linienbündelung, Taktverkehren und der Veränderung des Finanzierungssystems ist es gelungen einen angebotsorientierten ÖPNV zu gestalten. Der ÖPNV nimmt jetzt eine allgemeine „Erschließungsfunktion“ wahr. Das dient auch den Jugendlichen und verbessert den Schülerverkehr.

Wenn die Eifelstrecke der Bahn nach dem Hochwasser wieder aufgebaut wird, muss es zu einer umfassenden Erneuerung der Strecke kommen. Ich werde mich für eine Elektrifizierung einsetzen. Was in Nordrhein-Westfalen von Köln bis Gerolstein geht, muss auch bei uns möglich sein!

In den Schulen gibt es seit Jahren umfassende Digitalisierungsprojekte, die natürlich mit den Digitalpakten des Bundes massiv ausgeweitet wurden. Die IT-Betreuung in den Schulen muss weiter personalisiert werden. Und wir kümmern uns um MINT-Schulprojekte. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik gehört zum „digitalen Lernen“. Seit einem Jahr läuft das „EduHub“- Projekt im Balthasar-Neumann-Technikum, in dem Schule und Wirtschaft über die Digitalisierung eng vernetzt werden und so neue Fachkräfte gewonnen werden.

Was sind Ihre Schwerpunkte?

Ich sehe mich als Stimme des ländlichen Raums. Inzwischen haben auch viele „Städter“ verstanden, dass unsere Region eine enorme Lebensqualität hat. Unser Landkreis muss überall gleichwertige Lebensbedingungen zur Stadt bieten. Das heißt, wohnortnahe Arbeitsplätze, gute Schulen und wohnortnahe Kitas. Dabei setze ich mich für eine aktive Ortsentwicklung durch stärkere Innenentwicklung ein, statt ständig neuer Baugebiete.
Das „Reihenhaus im Dorf“ ist eine gute Option gerade für junge Familien. Auch das soziale Leben und der gemeindliche Zusammenhalt muss mit bedacht werden.

Wohnortnahe Arbeitsplätze schützen das Klima durch Verkehrsvermeidung und sichern lokale Wertschöpfung, schaffen örtliche Wirtschaftskraft und geben Familien Perspektiven für ihre Zukunft in den Gemeinden. Gewerbegebiete müssen also unter besten ökologischen Standards entwickelt und erschlossen werden. Wie das geht ist im Industriepark Region Trier bewiesen.

Um Fachkräfte zu gewinnen habe ich mit dem Jobcenter Trier-Saarburg und den Kammern Initiativen zur Berufsausbildung von Flüchtlingen und bei Jugendlichen gestartet. Aktuell mache ich einen Vorstoß zur leichteren Anerkennung von Abschlüssen ausländischer Pflegekräfte.

Der Ländliche Raum bekommt durch die Digitalisierung und durch die Erzeugung erneuerbarer Energien eine viel stärkere Rolle. Es gibt wieder eine Verschiebung der Wirtschaftskraft von der Stadt zum Land, was es in dieser Form seit der Industrialisierung nicht gab -eine riesige Chance für unseren Kreis.

Wie stehen Sie zum Moselaufstieg?

Der Moselaufstieg schließt den Saar-Obermosel-Raum mit seinen rund 60.000 Einwohnern an die A 64 und damit an das deutsche und das europäische Autobahnnetz an. Die Umwege für LKW werden erheblich reduziert. Das ist aktiver Klimaschutz und ein Segen für durch Lärm und Abgase belasteten Anwohner. Und – die Hochwasserlage hat es gezeigt – wir brauchen südlich von Trier eine leistungsfähige Moselüberquerung, denn Trier wird immer ein Verkehrsengpass bleiben.

Natürlich entlastet der Moselaufstieg die Stadt Trier massiv von Verkehr. Und eines ist klar: Im ländlichen Raum bleibt der Individualverkehr unverzichtbar. Er wird in Zukunft weiter die zentrale Rolle spielen und bei einer klimaschützenden Antriebsart sogar eher weiter zunehmen.

Wie stehen Sie zur Großregion?

Die Großregion Saar-Lor-Lux gibt uns riesige politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Chancen. Gemeinsam mit der CDU fordere ich schon seit Jahren die Verbesserung der Regelungen für Grenzpendler und zwar die Ausweitung der „19-Tage-Regelung“ auf 52 Tage. Damit können Verkehre deutlich vermindert und Pendler entlastet werden. Leider lehnt der Bundesfinanzminister diese Verbesserung ab!

Im Obermoselraum und an der Sauer muß die Zusammenarbeit mit Luxemburg weiter vertieft werden. Ich selbst habe die LEADER-Regionen und andere grenzüberschreitende Projekte mit begründet und bin seit über 20 Jahren in der EUREGIO aktiv.

Die Kontakte zur Region Grand Est in Frankreich sind wichtig und ich bin froh, dass mein Beharren auf die Reaktivierung der Bahnverkehre zwischen Trier und Metz jetzt Früchte tragen und die Bürger diese Verbindung ab 2024 nutzen können.

Was denken Sie, sollte man gegen das Problem der schlechten Nahversorgung im ländlichen Raum tun?
Supermärkte wird es nicht in jedem Ort geben können. Deshalb ist es richtig wenn mit lokalen Initiativen eine Grundinfrastruktur mit Dorfläden und Dorfcafés entsteht. Mit Warenautomaten kann einiges abgedeckt werden und das in aller Regel mit regionalen Lebensmitteln.

Dabei werden in der Zukunft auch innovative Lieferkonzepte helfen, die im besten Fall mit regionalen Produkten verbunden sind.

Der Weg Betroffene zu Partnern zu machen und über Genossenschaften oder Stiftungen die Bürgerschaft eines Ortes einzubinden ist langfristig erfolgversprechend.

Wie denken Sie kann man die Probleme der ärztlichen Versorgung auf dem Land lösen?

Die Pandemie hat die Schwächen der Gesundheitsversorgung offengelegt. Sie hat gezeigt, dass Ärzte und Krankenhäuser nicht nur nach wirtschaftlichen Kennzahlen arbeiten dürfen. Daher ist es richtig, das Kreiskrankenhaus Saarburg zu unterstützen und so die Weichen für eine nachhaltige Zukunft zu stellen – und obendrein über 600 Arbeitsplätze zu erhalten. Dazu gehörte auch der Aufbau des MVZ Konz mit zahlreichen Fachärzten.

Sollte es nötig werden, die Versorgungsstrukturen rund um das Hermeskeiler Krankenhaus zu fördern, muss der Kreis ebenfalls dazu bereit sein.

Um genügend Medizinstudenten zu gewinnen habe ich auf Landesebene an der Einführung der „Landarztquote“ mitgewirkt. Die „Quote für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ habe ich als Vorsitzender des Landkreistages Rheinland-Pfalz durchgesetzt.

Alle Politiker sprechen über die Stärkung des Ehrenamts. Haben Sie konkrete Vorstellungen, wie man das fördern kann?

Im Ehrenamt wird enorm viel geleistet und jeder Euro ist hier bestens angelegt. Unser ländliches Gemeinwesen lebt vom Ehrenamt.

Kultur, Sport und Ehrenamt sind Pflichtaufgaben der Kommunen. Sie dürfen nicht unter Finanzierungsvorbehalt gestellt werden. Seien es Kultur- oder Sportvereine, Hilfsorganisationen oder unsere Gemeinderäte. Alle verdienen Unterstützung durch das Hauptamt in den Verwaltungen und durch die Wirtschaft.

Mit dem Bundesprojekt „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ hat der Landkreis bereits ein beispielhaftes Projekt zur Förderung gestartet. Ebenso ist unsere Zukunftsstiftung, die bereits 2007 auf meine Initiative gegründet wurde, eine gute finanzielle Stütze für unser Ehrenamt. Genauso ist es mit den Stiftungen der Sparkasse, in denen ich mitarbeite.

In den aktuellen Krisen haben wir alle gesehen, wie sozial, spontan und erfinderisch unser Ehrenamt ist. Ich bin dankbar für jede ehrenamtlich helfende Hand.

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