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Stadt Trier

Staatsanwaltschaft klagt Beamten der Bundespolizei wegen Verdachts der Körperverletzung an.

Trier . 

Die Staatsanwaltschaft Trier hat Anklage gegen einen Beamten der Bundespolizei wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt zum Landgericht Trier erhoben. Gegen ihn besteht nach Auffassung der Staatsanwaltschaft der hinreichende Verdacht, einem 24-jährigen französischen Staatsangehörigen bei dessen Festnahme in der Nacht vom 08. auf den 09.09.2019 auf dem Hahnplatz in Prüm ohne rechtfertigenden Grund mehrere wuchtige Schläge mit einem Schlagstock sowie zwei Tritte gegen den Körper versetzt zu haben. Der Festnahme vorausgegangen war eine Verfolgungsfahrt, die der Franzose veranlasst hatte, als er sich einer Kontrolle der Bundespolizei auf der Autobahn A 60 in der Nähe der deutsch-belgischen Grenze entzog.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen hält die Staatsanwaltschaft folgenden Geschehensablauf für wahrscheinlich:

Am 08.09.2019 fanden an der Autobahn A 60 Grenzkontrollen der Bundespolizei statt. Aus diesem Grund hatten vier Beamte der Bundespolizei, unter ihnen der Angeschuldigte, in der Nähe der deutsch-belgischen Grenze eine Kontrollstelle errichtet. Kurz vor Mitternacht hielten die Beamten ein Fahrzeug der Marke BMW an, das mit drei französischen Staatsangehörigen im Alter von 22 bis 26 Jahren besetzt war. Nachdem einer der Beamten aus dem Fahrzeug Marihuana–Geruch wahrgenommen hatte, wiesen die Beamten den Fahrer an, zur Seite zu fahren, um das Fahrzeug und dessen Insassen einer Kontrolle zu unterziehen. Der Fahrer entschloss sich jedoch, der Kontrolle zu entziehen und zu flüchten. Er gab unvermittelt Gas und verließ die Kontrollstelle mit hoher Geschwindigkeit.

Die Beamten nahmen mit zwei Polizeifahrzeugen die Verfolgung des BMW auf. Dieser fuhr in riskanten Fahrweise und mit hoher Geschwindigkeit über verschiedene Landstraßen. Er soll Spitzengeschwindigkeiten von zirka 160 km/h außerorts und zirka 80 km/h innerorts erreicht haben. Im Verlauf der Verfolgungsfahrt rammte er bei einem Überholmanöver mit einer Geschwindigkeit von zirka 80 bis 100 km/h absichtlich das Polizeifahrzeug, in dem sich der Angeschuldigte und ein weiterer Beamter befanden. Das Polizeifahrzeug geriet hierdurch ins Schlingern, konnte jedoch wieder unter Kontrolle gebracht werden. Im Stadtgebiet von Prüm geriet das flüchtende Fahrzeug beim Einfahren in einen Kreisverkehr am Hahnplatz ins Schleudern und stellte sich quer. Das hinter ihm herfahrende Polizeifahrzeug kollidierte daraufhin mit dem BMW, wodurch die Beamten, unter ihnen der Angeschuldigte, Verletzungen erlitten.

Um eine Fortsetzung der Flucht zu unterbinden, begaben sich die Beamten zur Fahrertür des BMW. Es gelang ihnen, die Tür zu öffnen, den Fahrer aus dem Fahrzeug zu ziehen und zu Boden zu bringen. Als einer der Beamten versuchte, dem Fahrer Handschellen anzulegen, versetzte der Angeschuldigte dem auf dem Boden liegenden 24Jährigen in mehreren Intervallen mehrere wuchtige Schläge mit seinem Einsatz–Schlagstock sowie zwei wuchtige Tritte mit dem rechten Fuß. Der Fahrer erlitt hierdurch multiple Prellungen und Hämatome in verschiedenen Bereichen des Körpers. Er wurde in eine Klinik verbracht, aus der er nach ärztlicher Behandlung noch in der Nacht wieder entlassen wurde.

Der Angeschuldigte bestreitet, sich strafbar gemacht zu haben. Er ist der Auffassung, in Ausübung seines Festnahmerechts und in Notwehr gehandelt zu haben, weil der Fahrer des BMW sich mit heftigen Schlägen und Tritten der Festnahme widersetzt habe. Die Staatsanwaltschaft ist nach vorläufiger Bewertung der Ergebnisse der Ermittlungen hingegen der Auffassung, dass die Schläge und Tritte des Beamten nicht durch Notwehr gerechtfertigt waren, sondern als Überreaktion zu bewerten sind. Sie hält es für überwiegend wahrscheinlich, dass der Fahrer des BMW jedenfalls im Zeitpunkt der Schläge und Tritte des Beamten keinen Widerstand mehr oder allenfalls noch geringfügigen Widerstand leistete. Nach ihrer Auffassung besteht daher der hinreichende Tatverdacht einer strafbaren Körperverletzung im Amt.

Das Landgericht hat nunmehr darüber zu entscheiden, ob es die Anklage zulässt und das Hauptverfahren eröffnet. Ein etwaiger Termin zur Hauptverhandlung ist noch nicht bestimmt.

Gegen den Fahrer des BMW, bei dessen Durchsuchung zirka 3 Gramm Marihuana sichergestellt wurden, und der nach dem Ergebnis einer ihm entnommenen Blutprobe unter Betäubungsmitteleinfluss stand, ist wegen der während der Verfolgungsfahrt begangenen Straftaten Anklage zum Amtsgericht – Schöffengericht – Bitburg erhoben worden. Gegen ihn besteht nach Auffassung der Staatsanwaltschaft der hinreichende Tatverdacht des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, der Straßenverkehrsgefährdung, des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, der Körperverletzung, des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und weiterer Delikte.

Rechtlicher Hinweis:

Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage, wenn sie aufgrund der durchgeführten Ermittlungen zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Verurteilung des Angeschuldigten wahrscheinlicher ist als Freispruch. Allein mit der Erhebung der Anklage ist weder ein Schuldspruch noch eine Vorverurteilung des Betroffenen verbunden. Bis zu einer etwaigen rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.

gez. ( Fritzen )
Leitender Oberstaatsanwalt

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