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Organisierte Schleuserkriminalität – Staatsanwaltschaft Trier erhebt Anklage gegen libanesische Familie

Zwei weitere Personen wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern und weiterer Straftaten

Trier/Bitburg.   

Die Staatsanwaltschaft Trier hat gegen das 55-jährige Oberhaupt einer in Bitburg ansässigen libanesischen Familie sowie gegen dessen 23-jährigen Sohn Anklage wegen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern und weiterer Straftaten zur Großen Strafkammer des Landgerichts Trier erhoben.

1.
Den Angeschuldigten wird vorgeworfen, sich mit zwei weiteren Familienmitgliedern und weiteren Personen zu einer Bande zusammengeschlossen zu haben, die im Zeitraum von Mai 2018 bis September 2019 in wechselnder Beteiligung syrische Staatsangehörige illegal per Flugreise nach Deutschland und in die Niederlande einschleuste oder dies versuchte. Nach dem Ergebnis der vom Bundespolizeipräsidium Potsdam mit großem Aufwand durchgeführten Ermittlungen benutzen die Angeschuldigten für die Taten gefälschte Visa, um die geschleusten Personen durch die Passkontrollen an den Abflughäfen, vorwiegend am Flughafen Beirut, zu bringen. Für die Visafälschungen verwendeten sie Visa-Etiketten der Deutschen Botschaft in Beirut, die ein Mitglied der Familie, das als Mitarbeiter der Visumsstelle der Botschaft tätig war, illegal in seinen Besitz gebracht hatte. Die Einreisen der geschleusten Personen erfolgten über die Flughäfen Frankfurt am Main, Düsseldorf, München und Amsterdam. Die Flugreisen wurden jeweils von mindestens einem Familienmitglied begleitet und überwacht. Noch vor der Passkontrolle am Einreiseflughafen wurden den Geschleusten die Pässe wieder weggenommen. Bei der Einreise stellten sie Asylanträge.

Das 55-jährige Familienoberhaupt ist nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hinreichend verdächtig, die Schleusungsaufträge, die meist von in Deutschland lebenden Verwandten der zu schleusenden Personen erteilt wurden, entgegengenommen, die Schleusungslöhne verhandelt und die vereinbarten Entgelte eingenommen zu haben. Für die Schleusungen mussten die Auftraggeber zwischen 4.500 Euro und 17.000 Euro pro Person bezahlen. Außerdem soll der Angeschuldigte die genauen Abläufe der einzelnen Schleusungen von der Beschaffung der Papiere bis zur Einreise geplant und organisiert haben. Ihm werden insgesamt 26 Taten im Zeitraum von Mai 2018 bis September 2019 vorgeworfen. In 15 Fällen gelangen die Schleusungen; die geschleusten syrischen Staatsangehörigen reisten unerlaubt in das Bundesgebiet bzw. in die Niederlande ein. In 11 Fällen konnten die Schleusungen bereits an den Abflughäfen in Beirut, Damaskus, Moskau bzw. Teheran verhindert werden, weil die Visafälschungen bei den Ausreisen an den jeweiligen Flughäfen von der Bundespolizei in Zusammenarbeit mit deren regionalen Verbindungsbeamten rechtzeitig als solche erkannt wurden.

Dem mitangeklagten Sohn wird vorgeworfen, in 6 Fällen an den Schleusungen beteiligt gewesen zu sein, indem er die geschleusten syrischen Staatsangehörigen vom Abflughafen in Beirut bis nach Deutschland begleitete.

Die beiden weiteren Familienangehörigen, die an den Schleusungen beteiligt gewesen sein sollen, sind unbekannten Aufenthalts. Nach ihnen wird gefahndet.

Mitangeklagt ist auch ein 32-jähriger syrischer Staatsangehöriger. Ihm wird Beihilfe zu 3 der angeklagten Schleusungen vorgeworfen. Er soll der libanesischen Familie im Wesentlichen durch Abholfahrten von verschiedenen Flughäfen Hilfe geleistet haben.

Soweit ursprünglich weitere Personen in Verdacht standen, an den Schleusungsdelikten beteiligt gewesen zu sein, ist das Verfahren gegen eine dieser Person abgetrennt worden und wird nunmehr gesondert geführt. Gegen die übrigen Verdächtigen ist das Verfahren eingestellt worden, weil der Nachweis einer Tatbeteiligung nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht zu führen war.

2.
Gegenstand der Anklage sind darüber hinaus 8 in den Jahren 2018 bis 2019 begangene Diebstahls- bzw. Unterschlagungsdelikte, wobei es in einem Fall beim Versuch und in einem Fall bei einer Verabredung zur Tat blieb. Den Angeschuldigten wird im Wesentlichen vorgeworfen, Werkzeuge, Baumaschinen und andere Gegenstände vorwiegend aus Gewerbebetrieben im Raum Bitburg entwendet zu haben, wobei in mehreren Fällen die Geschäftsräume der Betriebe aufgebrochen wurden. In einem Fall soll bei einer Tankstelle eine größere Menge Zigaretten unterschlagen worden sein. Den beiden Mitgliedern der libanesischen Familie wird eine Beteiligung an 6 bzw. an 7 dieser Taten zur Last gelegt. Der 32-jährige syrische Staatsangehörige ist einer Beteiligung an einer jener Taten sowie eines Vergehens der Hehlerei hinreichend verdächtig.

3.
Dem 55-Jährigen werden des Weiteren 2 Fälle der Bestechung vorgeworfen. Er ist nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hinreichend verdächtig, einem Angestellten der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm eine Geldzuwendung in Höhe von 500 Euro für eine Diensthandlung versprochen zu haben. Bei der erbetenen Diensthandlung soll es sich um die Aushändigung von Kopien aus einer Verwaltungsakte gehandelt haben, die das Einbürgerungsverfahren seiner Ehefrau betraf. Von deren Aushändigung versprach sich der Angeschuldigte Vorteile für einen in jenem Verfahren bevorstehenden Sprachtest. Dass es tatsächlich zur Aushändigung der erbetenen Kopien und zur Zahlung der Zuwendung kam, konnte indes im Rahmen der Ermittlungen nicht festgestellt werden. Dem 55-Jährigen wird weiterhin vorgeworfen, in 2 Fällen kleine Mengen Marihuana an den Verwaltungsangestellten verkauft zu haben.

Der Angeschuldigte ist außerdem hinreichend verdächtig, einem Polizeibeamten aus der Region eine Stange Zigaretten als Gegenleistung dafür übergeben zu haben, dass dieser über seinen dienstlichen Zugang zu dem Zentralen Verkehrsinformationssystem des Kraftfahrt-Bundesamts unerlaubt eine Halterabfrage durchführte und ihm deren Ergebnis mitteilte.

4.
Schlussendlich sind bei der Auswertung der sichergestellten Mobiltelefone des 23-jährigen Sohnes und des 32-jährigen Freundes der Familie einzelne Dateien mit kinderpornografischem Inhalt gefunden, so dass insoweit auch der Vorwurf des unerlaubten Besitzes kinderpornografischer Schriften Gegenstand der Anklage ist.

Das Landgericht Trier hat nunmehr über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden. Ein etwaiger Termin zur Hauptverhandlung ist noch nicht bestimmt. Die beiden Mitglieder der libanesischen Familie befinden sich seit ihrer Festnahme am 24.10.2019 weiterhin in Untersuchungshaft.

( Fritzen )
Leitender Oberstaatsanwalt

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